Liebeserklärungen
Musikbox
111 Orte in Berlin
DIE JUKE-BOX
Eine treue Weggefährtin von Verena Eidel, Lucia Jay von Seldeneck, Carolin Huder

Auch mal schön, wenn sich einfach nichts ändert. In dieser Stadt, die in einem unzumutbaren
Tempo und ohne Rücksicht immer schneller, immer weiter macht, braucht jeder Mensch Orte,
die bleiben und Halt geben.
Auf die Juke-Box in der Ankerklause ist in jedem Fall Verlass. Sie steht immer schon an ihrem
Platz gegenüber der Theke - und sie wird hier auch weiter Stellung halten. An ihr muss jeder
vorbei. Tagsüber, um auf die Terrasse zu kommen, von wo aus die knallroten Geranien ihr Signal
der Gemütlichkeit weit über dem Landwehrkanals aussenden. Und sobald es dunkel wird bis in
den frühen Morgen hinein regiert die breite Box mit den Spiegeln über die Nacht am Wasser.
Sie ist immer Mittelpunkt des Geschehens.
Das Gedränge ist groß - aber irgendwann im Laufe des Abends kommt der Moment, an dem der
Platz vor der Musik-Box ganz unverhofft frei ist - und ohne zu wissen, wie einem geschieht, ist
man plötzlich selbst dran und lässt die vier CD-Hüllen mit den Pfeiltasten weiter klappen. Bei
jedem Klicken kommt eine kleine Vorfreude auf – und schon schieben sich die nächsten beiden
CDs mit einem kleinen Anschwung nach oben.
Nostalgie ist immer ein guter Grund zum Feiern. Hier ist sie gegenwärtig, in den Covern, die
man durchklickt wie das eigene Leben und in der unvorhersehbaren Mischung aus Blues,
Rock´n´ Roll und elektronischer Musik, die es so in keinem Club der Welt zu hören gibt –
sondern die, wenn überhaupt, nur noch auf den verstaubten Kassetten irgendwo im Schrank,
an die Lieblings-Hitlisten der alten Zeiten erinnern.
Die engsten Vertrauten der Juke-Box sind daran zu erkennen, dass sie die Pfeil-Tasten ignorieren
und ohne hinzusehen die vierstelligen Zahlenreihenfolgen der Lieder eintippen.
Und wer sich nicht entscheiden kann, der kann sich immer auf die gerade aktuellen
Top 10 der Juke-Box verlassen.
 
DAS GEHEIMNIS DER ANKERKLAUSE von Bas Böttcher

Wer seine wertvolle Lebenszeit damit vergeuden will, in lauten, verrauchten Bars oder Kneipen zu sitzen – in Gesellschaft von Mitmenschen,
die ebenfalls ihre wertvolle Lebenszeit damit vergeuden, in lauten, verrauchten Bars oder Kneipen zu sitzen, der sollte wenigstens die richtige
Location für dieses Hobby auswählen.
Zum Beispiel die Ankerklause. Denn sie liegt besonders verkehrsgünstig.
Ja, die Ankerklause liegt wunderbar verkehrsgünstig! Was könnte sonst das Geheimnis der Ankerklause ausmachen? Zur einen Seite schmiegt
sich der Flachbau direkt neben einer Schiffsanlegestelle an den Landwehrkanal. Zur anderen Seite liegt das Etablissement an der Kreuzung von
Kottbusser Damm und Maybachufer. Die Ankerklause steht genau auf der offiziellen Grenz-Spitze zwischen Kreuzberg und Neukölln.
Im Laufe eines Tages dreht sich die Sonne einmal um die zentral gelegene Ankerklause herum. – Simultan zum Sonnenstand verändert die
Ankerklause ihren Charakter. Morgens ist sie gemütliches Frühstückscafé, mittags Gaststube mit warmer Küche, nachmittags Freizeittreff,
abends Bar und nachts Club.
Die Terrasse überm Wasser ist an sonnigen Nachmittagen der beste Platz zum entspannen. Von hier hat man einen strategisch günstigen Blick auf
den inoffiziellen Gebrauchtwagenhandel auf der Kottbusser Brücke. Die Autohändler erkennt man daran, dass sie in Grüppchen um die Fahrzeuge
herumstehen und mit Handys herumfuchteln. Ausländische Großmütter verkaufen auf dem Gehweg selbstgestrickte Hausschuhe und Kinder dealen
mit gebrauchtem Plastikspielzeug. In der Ankerklause bekommt man sogar die Musik gegen Geld. Wer der Jukebox ein paar Euros zusteckt,
wird zum DJ und darf bestimmen, was im Laden läuft. Hier herrscht wunderbar ehrlicher Kapitalismus –
auch ich habe an diesem Ort schon manchen Handel einfädeln können.
Wer des nachts die Kottbusser Brücke passiert und einen Blick durch die beschlagenen Fenster der Ankerklause wirft,
wird diesen Ausnahmezustand der Nachtschwärmer schwer nachvollziehen können.
Das Geheimnis der Ankerklause liegt im Verborgenen und entfaltet seine euphorisierende Wirkung auf sehr dezente Weise.
Das Geheimnis der Ankerklause ist kein billiger Spezialeffekt aus der Trickkiste von Erlebnisgastronomen.
Das Geheimnis der Ankerklause ist – gewissermaßen – natürlichen Ursprungs. Es stimuliert die Gäste mit regelmäßigen Vibrationen.
Man spürt es unterschwellig bei Lärm und Trubel. Es suggeriert den Menschen, am Puls der Metropole zu weilen. Es vibriert tief verborgen
im Untergrund. Und wenn dann die Party am frühen Morgen vorbei ist, wenn die Jukebox verstummt ist und man als letzter Gast zuschaut,
wie die Stühle hochgestellt werden, dann spürt man die Schwingungen im Boden und dann weiß man: Es ist die U8, die tief unter der
Ankerklause durch ihren Tunnel poltert und für gute Verkehrsanbindung sorgt.
Lonely Planet Ahoy there! Drop anchor at this nautical kitsch tavern in an old harbour master’s shack and
enjoy the arse-kicking jukebox, cold beers and surprisingly good German pub fare. The best seats are
on the geranium-festooned terrace where you can wave to the boats puttering along the canal.
A cult pit stop until the wee hours.
 
Berliner Zeitung
“In die Ankerklause gehe man zum Biertrinken, aber nicht zum Mittagessen, sagt ein Kollege. Der Mann hat keine Ahnung, was er verpasst. Die
lässig-maritime Kneipe am Landwehrkanal verspricht neben den täglich verfügbaren Hausmannskost-Klassikern wie Würstchen oder Bulette mit
Kartoffelsalat eine wöchentlich wechselnde Lunchkarte mit warmen Speisen zu fairen Preisen (4 bis 8,50 Euro) -vom Brunnenkressesüppchen bis
zum üppig gefüllten Teller mit Roastbeef, Spargel und Käse-Crêpe. Eng stehen die Tische und Stühle beeinander, so kann man oft nicht
vermeiden, die Gespräche der Tischnachbarn mitzuhören. Das Personal wirkt ein wenig verpeilt, ist aber dennoch gut drauf. Hat es die Bestellung
erst einmal notiert, kommt das Essen auch zügig auf den Tisch: dampfend, selbstgemacht, herzerwärmend. Dumm ist nur, dass man -vor allem
jetzt, wo der Sommer endlich da ist -diese Terrasse am Wasser nur ungern wieder verlassen möchte, um zu arbeiten. (kni.) „
Tip
“Die Abende in der Ankerklause sind für ihre ungezwungene, feuchte Fröhlichkeit
bekannt, aber wie wäre es zur Abwechslung mal mit einem Besuch zur Mittagszeit?
Nach einem Spaziergang am Maybachufer oder Besuch auf dem benachbarten Maybachmarkt schmecken hausgemachte Petersilienwurzelsuppe, Spätzle mit Pfifferlingen oder Kalbsgulasch zum Lunch besonders gut.“
Brigitte
“Berlins schönste Hafenkneipe ohne Hafen....
Im Sommer sitzt man auf der Terrasse über dem Wasser, im Winter schunkelt man zu Alternativ-Rock aus der Juke-Box“
Zitty Essen und Trinken
“Allein die Lage. Am Ufer des Landwehrkanals thront, direkt über dem Wasser, ein kleines Ensemble aus Baracken. Es verströmt ein Flair, als
wäre man irgendwo an einem verträumten Kanal in Paris. Nur die großen Bierhumpen und die vielen abgestellten Fahrräder verraten, dass
wir uns in Neukölln befinden...“
Tip Speisekarte
“Alles, was das Seemannsherz glücklich macht: Die bordeigene und stadtbekannte Musikbox dudelt, und kleine Snacks kommen schnell und bis spät
am Abend auf den Tisch....Wenn dann im Morgengrauen die Leinen los sind, ist hoffentlich ein Rettungsring zur Hand“

“Was wäre Berlin ohne die Ankerklause? In der urigen Bar sitzen ganz einträchtig Kiezanwohner neben Touristen und stylischen Kreuzbergern.
Diese Mischung spricht für sich, der Alkohol ist günstig, die Cocktails gut gemixt, und Frühaufstehern wird stets ein buntes Frühstücksangebot serviert“
Brigitte
“Zwischen Zierfischen und Rettungsringen gibt’s Neuköllns bestes Frühstück.“